DRAHTSEIL-AKT
Eine liebe Freundin hatte mich zum vierten Advent nach Leipzig eingeladen, ins Varieté Krystallpalast, ineinem unscheinbaren Gebäude, unweit vom Zentrum um den Brühl herum.
Es war eine bezaubernde Vorstellung mit einem Hauch von Roncalli-Charme. Jongleure, Messerwerfer, Schlappseil-Artistik, Schattenspiele, ein bisschen Magie und nicht zu vergessen ein hinreißender Flohzirkus, dessen Primadonna Frau Renata den menschlichen Artisten beinahe den Rang abläuft.
Die Produktionsfirma dieser Show hat ganze Arbeit geleistet. Solch einen gelungenen Mix an artistischer Bühnenkunst habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Und so eine Artistencompagnie auch nicht. Alle Mitwirkenden waren bei der Eröffnung und im Finale komplett auf der Bühne und zwischendurch interagierten sie immer wieder in neuen Kombinationen.
Wenn man im Programmheft nachschaut, wer da alles auf der Bühne steht, findet man keinen einzigen deutschen Namen. All diese Leute werden nicht mehr für uns auftreten wenn endlich alle „Ausländer raus" sind. Fast könnte man annehmen, das Publikum im ausverkauften Haus wollte die Gelegenheit noch schnell nutzen, bevor es vorbei ist.
Auf dem Rückweg über die Leipziger Weihnachtsmarkt sah man Polizeiautos in den Einfahrten stehen, wo die Poller eine Lücke für Lieferanten und Rettungsfahrzeuge lassen. Das Attentat von Magdeburg mit 6 Toten und 300 Verletzten hat offensichtlich dafür gesorgt, dass die Polizei die Sicherheit ein bisschen ernster nimmt. Jedenfalls auf Weihnachtsmärkten.
In Görlitz wurden unterdessen am gleichen Tag linke Kommunalpolitiker von vermummten Schlägern misshandelt. Sicherlich als Ausdruck von Meinungsfreiheit – "man darf ja nichts mehr sagen", also schlägt man zu – und gleichzeitig Kritik am System der lästigen Demokraten. Die Polizei war vor Ort und konnte einige Täter fassen – um sie bald wieder laufen zu lassen. War ja kein Weihnachtsmarkt.