Mittwoch, 9. März 2011

Zwischen Jazz und „Mary Stuart“

"Die Lütte“ – Angelika Mann in der Villa Teresa
von Reinhard Heinrich
Die Lütte
An diesem 8. März kam vielerlei zusammen: Der 100. Internationale Frauentag, Fasching – und die Konzertlesung von Angelika Mann. Über die „Lütte“ (1,49m groß) muss man nicht viel sagen. Sie ist seit über 30 Jahren in Kinderzimmern zuhause mit dem noch heute erhältlichen und vielleicht unsterblichen „Traum-zauberbaum“. Theaterbesucher kennen sie aus der Komödie Dresden als Schneeflöckchen in „Baba Jaga“ oder anderswo als „Frosch“ in der „Fledermaus“. Als Reinhard Lakomy sie 1972 aus dem Background-Chor hervor holte an die Rampe, zum Solo, da versprach er dem Publikum etwas, das „die Lütte“ – so stellte er sie dem Saal damals tatsächlich vor – dann stets  gehalten hat: eine unglaubliche Stimme für Jazz .
Uwe Matschke
Und so war es für mich ein Höhepunkt des Abends, „I can’t give you anything but love“ zu hören, kräftig, einfühlsam und erstklassig intoniert, am Flügel virtuos begleitet – inklusive Solo – von Uwe Matschke. Und es war mehr als eine Reverenz an die Villa Teresa, dass die Künstler auf ggf. mitgebrachte Technik weitgehend verzichteten und gern den wohlgestimmten Flügel nutzten. Angelika Mann sang zwar ins Mikro, aber es war nie Lärm – es war immer Musik. Sie hätte es vermutlich auch ohne Mikro gekonnt. Und da sie Wort für Wort verständlich(!) singt, zahlt sich auch die Auswahl guter Texte aus. Überragend in dieser Hinsicht das Begrüßungslied „Was treibt mich nur“ (Text: Fred Gertz), in dem sie ihren Lebensweg von der Apotheke zum Rampenlicht mit Selbstironie und Witz vorstellt. Hier reimt der Texter „Bob Dylan“ auf „Pillen“ – und es passt einfach.
Ihre Rollen als Schauspielerin kommentierte sie selbstironisch mit „... gebt mir doch einmal nur die Mary Stuart!“ – ein Song – oder Chanson? – über ihre „unsichtbare“ Größe als Schauspielerin. Eindeutigen Chanson-Charakter hatten die abschließenden Titel des Abends. Die Sängerin bekannte, in den Spuren von Helen Vita zu wandeln und lieferte Beispiele ihres Könnens in astreiner Brett’l-Kultur. Tucholsky oder Kästner – raunte es anerkennend im Publikum. Eine reine Ulknudel war die Lütte sicherlich nie – doch Schubladen sind stabil. Gut, dass sie uns immer wieder überrascht. Ich selbst hätte (klassisches Vorurteil) den Krümel-Keks-Koch erwartet – sie aber sang von „Kutte“ und seiner unglücklichen Frau. Und als Zugabe schenkte sie uns noch so einen Hauch von Claire Waldoff – wenn ich nicht irre.
Der Saal war einigermaßen gut gefüllt, es gab noch ein paar freie Plätze. Und einige Frauen hatten die Eintrittskarte tatsächlich zum Frauentag geschenkt bekommen, eine schöne Geste. A propos Geste:
Ich weiß ja nicht, wie die historische Teresa Carreño einstmals als Gastgeberin gewesen ist. Aber die gegenwärtige „Dame des Hauses“, Frau Matthé von der Kulturbetriebsgesellschaft, begrüßte die Gäste mit einer hochwillkommenen Tasse Tee – Tribut an den „etwas unterheizten“ Saal – und vielleicht eine Vorschau auf die Teeverkostung im Japanischen Pavillon am 8. Mai, dem „Coswiger Kultur Sonntag“. Aber das ist wieder ein anderes Thema und steht im gesonderten Programm, das hier und da schon ausliegt.

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